In einer – vor allem für Verteidiger im Bereich des Wirtschaftsstrafrecht – beachtlichen Entscheidung hat der 1. Strafsenat des BGH (Az.: 1 StR 331/17) angekündigt, Fehlvorstellungen über die Arbeitgebereigenschaft in § 266a StGB und die daraus folgenden Abführungspflichten zukünftig als Tatbestandsirrtum behandeln zu wollen.
Die angekündigte Neujustierung steht damit in Disparität zu der bisherigen Rechtsprechung des 1. Strafsenates und eröffnet neue Verteidigungsansätze. Irrte ein Beschuldigter auf Grund einer von ihm vorgenommen falschen Würdigung der tatsächlichen Umstände über seine Arbeitgebereigenschaft, spielte dies bislang nur im Rahmen der Frage eines Verbotsirrtums eine Rolle. Da ein solcher Irrtum in vielen Fällen vermeidbar gewesen ist, konnte beschuldigtenseits allenfalls auf eine Strafmilderung gehofft werden.
Durch die nunmehr vertretene Ansicht des BGH wird die Klärung der stets problematischen und streitbaren Frage der Vermeidbarkeit eines solchen Irrtums obsolet. Vielmehr stellen fehlerhafte Bewertungen der tatsächlichen Umstände zukünftig den Tatvorsatz in Frage. Nahm ein Beschuldigter auf Grund seiner fehlerhaften Bewertung der tatsächlichen Umstände seine Arbeitgeberstellung noch nicht einmal billigend in Kauf, handelte er ohne Vorsatz und mithin straflos.
Einen Freibrief stellt die Entscheidung des BGH freilich nicht dar. Je nach Lage der Umstände des Einzelfalls wird die Darstellung eines Irrtums über die Arbeitgeberstellung als bloße Schutzbehauptung zurückgewiesen werden. Für die Verteidigung wird daher gerade an dieser Stelle anzusetzen sein.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht