Vermietet ein Steuerpflichtiger seine Einliegerwohnung zweckfremd als Homeoffice an seinen Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke, so ist nach neuer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stets im Einzelfall festzustellen, ob er beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.
BFH, Urteil vom 17.04.2018 – Az.: IX R 9/17, DStR 2018, 1758, Pressemitteilung Nr. 43/18 vom 20.08.2018
Vorinstanz: FG Köln, Urteil vom 3.8.2016 – Az.: 5 K 2515/14, EFG 2017, 831
Sachverhalt
Die Kläger sind jeweils zur Hälfte Eigentümer eines Gebäudes, das sie im Obergeschoss selbst bewohnen. Eine Einliegerwohnung mit Büro, Besprechungsraum, Küche und Bad/WC im Erdgeschoss vermieteten sie als Homeoffice des Klägers für 476 € monatlich an dessen Arbeitgeber. Der Mietvertrag war zeitlich an den Arbeitsvertrag des Klägers und an die Weisung des Arbeitgebers gebunden, die Tätigkeit in diesen Büroräumen zu betreiben. Die Kläger machten aus der Vermietung einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 29.900 € geltend. Enthalten waren hierin Aufwendungen in Höhe von 25.780 € für die behindertengerechte Renovierung des Badezimmers mit Dusche und Badewanne. Das Finanzamt ließ die Renovierungskosten nicht zum Abzug zu. Das Finanzgericht hat der Klage teilweise stattgegeben.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts Köln auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurück. Das Finanzgericht habe nach Ansicht des IX. Senats zwar zutreffend die Einkünfte dem Anwendungsbereich des § 21 EStG (Vermietung und Verpachtung) zugeordnet. Es habe jedoch rechtsfehlerhaft nicht erkannt, dass es sich bei den vermieteten Räumlichkeiten nicht um die Vermietung von Wohnraum, sondern aufgrund der im Mietvertrag vereinbarten Nutzung (zweckentfremdet) um die Vermietung zu gewerblichen Zwecken handle.
Die Behandlung als Gewerbeimmobilie führt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs dazu, dass die Einkünfteerzielungsabsicht ohne typisierende Vermutung anhand einer objektbezogenen Überschussprognose festzustellen ist. Dementsprechend hat das Finanzgericht nun im zweiten Rechtsgang die Einkünfteerzielungsabsicht zu beurteilen.
Wesentliche Erwägungen
Die zweckentfremdete Vermietung von Wohnraum an den Arbeitgeber zu dessen betrieblichen Zwecken hat der Bundesfinanzhof erstmals als Vermietung zu gewerblichen Zwecken beurteilt.
Bei der Vermietung einer Immobilie zu gewerblichen Zwecken werde, anders als bei der Vermietung zu Wohnzwecken, die Absicht des Steuerpflichtigen auf Dauer einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben erzielen zu wollen nicht vermutet, sondern muss im Einzelfall ohne typisierende Vermutung festgestellt werden (BFH v. 20.07.2010, IX R 49/09, BFHE 230, 385; BFH v. 17.10.2013, III R 27/12, BFHE 243, 327 u.v.m.). Dabei seien Gewerbeimmobilien in Abgrenzung zu einer Wohnung alle Immobilien, die nicht Wohnzwecken dienen und damit auch Räumlichkeiten des Arbeitnehmers, die dieser dem Arbeitgeber zur ausschließlichen Erfüllung von dessen betrieblichen Zwecke vermietet habe. Unerheblich sei, ob diese Räume in oder außerhalb der Privatwohnung des Arbeitnehmers belegen seien. Entscheidend sei die im Mietvertrag vereinbarte und damit verbindlich festgelegte Art der Nutzung. Im Streitfall habe der Kläger hinsichtlich der Nutzung dem Weisungsrecht seines Arbeitgebers unterlegen. Zudem sei der Mietvertrag an das Bestehen des Dienstverhältnisses gekoppelt gewesen, was nach Auffassung des IX. Senats ebenfalls gegen die Gleichbehandlung mit einem Wohnraummietvertrag spräche.
Abweichung von der bisherigen Auffassung des VI. Senats Bundesfinanzhofs und der Finanzverwaltung
Der VI. Senat des Bundesfinanzhof hatte dies unter vergleichbaren Umständen bei einer auf Dauer angelegten Vermietung von Büroräumen an den Arbeitgeber bislang anders gesehen (BFHE 201, 311, BStBl. II 2003, 519, DStR 2003, 827 unter II.3 Rn. 11 und 12; BFHE 207, 457, BStBl. II 2006, 10, DStR 2005, 59 unter II.3. Rn. 22). Mit dem aktuellen Urteil weicht der IX. Senat des Bundesfinanzhofs jedoch nicht von der Rechtsprechung des VI. Senats ab. Dieser hatte auf entsprechende Anfrage hin mitgeteilt, nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung festzuhalten. Auch die Finanzverwaltung hatte bisher bei der Vermietung eines Homeoffices an den Arbeitgeber das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht typisierend vermutet (Schreiben des BMF v. 13.12.2005, IV C 3-S 2253-112/05, BStBl. I 2006, 4). Der Bundesfinanzhof widerspricht nun insoweit dieser Auffassung. Die Reaktion hierauf bleibt abzuwarten.