Nur wenige Tage nach Ablauf der Frist zur Stellungnahme zum Referentenentwurf des neuen Verbandssanktionengesetz (VerSanG) hat die Bundesregierung am 16.06.2020 den Referentenentwurf weitestgehend übernommen, durchgewunken und somit auf den Weg gebracht. Das VerSanG wird also voraussichtlich zügig kommen.
Die Frist zur Stellungnahme zum vormaligen Referentenentwurf war am 12.6.2020 abgelaufen. Daher darf die Frage erlaubt sein, wie es den Entscheidern gelungen ist, alle kritischen Punkte in der Diskussion innerhalb kürzester Zeit (4 Tage) abzuwägen und zu diskutieren, wenn nicht bereits vor Fristablauf alles klar war.
Die Bundesregierung hat das Gesetz allerdings nicht nur auf den Weg gebracht, sondern es auch in einem wesentlichen Punkt verschärft.
Wäre es den Unternehmen nach dem Referentenentwurf möglich gewesen, Verbandsanktionen abmildern zu lassen, wenn nur die eigentliche Verbandsstrafe intern aufgeklärt würde, genügt dies nach den neuen Vorgaben der Bundesregierung nicht mehr. Neben der Verbandsstraftat muss nunmehr auch der Verbandsverantwortlichkeit nach § 3 VerSanG-RegE selbst aufgeklärt worden sein, wenn das Unternehmen in den Genuss von Abmilderungen bei der Sanktionsfrage gelangen möchte.
Alleine das wird in Zukunft dazu führen, dass Unternehmen intern nicht nur der Straftat selbst nachgehen, sondern auch Individuen (vor allem Leitungspersonen) herausschälen und ggf. „in den Regen stellen“, um die Verbandsverantwortlichkeit i.S.d. des § 3 VErSanG-RegE aufzuklären und mildere Sanktionen erreichen zu können.
Im Übrigen wurde in § 17 VerSanG-RegE noch aufgenommen, dass bei internen Befragungen nicht nur jeder Mitarbeiter, sondern jeder Befragte darüber aufzuklären sein wird, dass seine Angaben im Strafverfahren verwertet werden können. Es ist also wahr geworden, das Grundsatz, sich nicht selbst belasten zu müssen, nur noch im Strafprozessrecht eine Rolle zu spielen scheint.
Die Zukunft dürfte spannende Fragestellungen mit sich bringen. Jede Leitungsperson und jedes sonstige Individuum i.S.d. § 3 VErSanG-RegE wird zukünftig beispielsweise damit zu rechnen haben, dass bei aufkommenden Vorwürfen gegen den Verband die individuelle Position wegen der Anreize in § 17 Abs. 1 Nr. 1 VErSanG-RegE wackelt. Das Individuum wird sich also ggf. frühzeitig einen eigenen Berater zulegen müssen. Das Unternehmen wird sich ebenfalls verteidigen lassen müssen, wobei der Verteidiger des Verbandes und/oder des beschuldigten Individuums nicht die interne Untersuchung leiten darf, wenn § 17 VerSanG–RegE helfen soll (vgl. § 17 Abs. 1 Nr. 2 VErSanG-RegE).
Rechtsanwalt
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