Sorge um die anwaltliche Schweigepflicht – das Sanktionsdurchsetzungsgesetz II und die neue Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS)

Aktuelles

08.02.2023

Das neue Jahr bringt ein neues Gesetz mit sich, mit dem nach der Behauptung des Gesetzgebers strukturelle Verbesserungen bei der Durchsetzung von EU-Sanktionen (vor allem gegen russische Oligarchen) umsetzt wurden. Daneben wurden weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche getroffen. Die Rede ist vom Sanktionsdurchsetzungsgesetz II, welches dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz I vom 28.05.2022 folgt und am 28.12.2022 bzw. 01.01.2023 in Kraft getreten ist.

  1. Kurzüberblick zum Inhalt des Gesetzes

Neben Änderungen u.a. im Außenwirtschaftsgesetz, Geldwäschegesetz und Kreditwesengesetz wurde mit dem SDG II das neue Gesetz zur Durchsetzung von wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen – Sanktionsdurchsetzungsgesetz (SanktDG) – eingeführt.

Als wichtigste Neuerungen durch das SDG II sind dabei zu nennen:

  • die Einrichtung einer Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS) auf Bundesebene

zur Durchsetzung des Sanktionsrechts in Deutschland (§§ 1 ff. SanktDG)

  • Schaffung eines Verwaltungsverfahrens zur Ermittlung von Vermögen sanktionierter Personen und rechtsfähiger Personengesellschaften (§ 12 SanktDG)
  • Einführung eines Registers über eingefrorene Vermögenswerte (§ 14 SanktDG)
  • Einrichtung einer Hinweisannahmestelle (§ 15 SanktDG)
  • Einführung von Meldepflichten von Vereinigungen mit Sitz im Ausland, die Immobilieneigentum in der Bundesrepublik Deutschland halten (§ 10 SanktDG)
  • Möglichkeit der Bestellung eines Sonderbeauftragten zur Überwachung der Einhaltung von Sanktionen in Unternehmen (§ 9 SanktDG)
  • Unmittelbare Anwendbarkeit von Listungen der Vereinten Nationen (§ 5a AWG)
  • Barzahlungsverbot bei Immobilientransaktionen (dazu zählt auch die Bezahlung mit Rohstoffen/Edelmetallen sowie Kryptowährung) als Instrument für die Bekämpfung von Geldwäsche (§16a GwG)
  • Verknüpfung von Immobiliendaten mit dem Transparenzregister (§19a GwG)
  1. Die neue Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung

Eines der wesentlichen Ziele des SDG II war es, die wichtigsten Kompetenzen bei der Durchsetzung von EU- Sanktionen unter dem Dach einer neuen Behörde auf Bundesebene zu bündeln. Die hierfür geschaffene Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS) wurde vorerst als Direktion XI bei der Generalzolldirektion in Köln angesiedelt, nachdem die Eingliederung der ZfS in das Bundesfinanzministerium auf Ablehnung gestoßen ist. Im Weiteren ist geplant, die ZfS in eine neu zu errichtende Bundesoberbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität zu überführen.

Die Einhaltung des Bargeldverbots bei Immobilientransaktionen soll hingegen nicht durch die ZfS, sondern durch die zuständigen Notariate bei Eintragung ins Grundbuch kontrolliert werden. Der Nachweis kann beispielsweise durch einen Kontoauszug erfolgen.

(1) Aufgaben der ZfS

Die Aufgaben der ZfS sind in § 1 Sanktionsdurchsetzungsgesetz (SanktDG) geregelt.

Bei Durchsicht des § 1 SanktDG sticht zunächst ins Auge, dass der Gesetzgeber es für erforderlich hielt, klarzustellen, dass die übertragenen Aufgaben „gefahrenabwehrrechtlicher“ Natur sein sollen. Der Gesetzgeber bemühte sich offenbar darum, seine bisherige Auffassung aufrechtzuerhalten, dass eine „Sanktion“ keine Strafe darstellen soll. Der ZfS obliegt es dabei insbesondere, eingefrorene Vermögenswerte sanktionierter Personen oder Personengesellschaften zu ermitteln und sicherzustellen sowie die Einhaltung der Verfügungsbeschränkungen und Bereitstellungsverbote zu überwachen, soweit hierfür nicht die Deutsche Bundesbank oder die BAFA zuständig ist.

(2) Befugnisse der ZfS und die anwaltliche Schweigepflicht

Zur Durchsetzung dieser „gefahrenabwehrrechtlichen“ Aufgaben wurde die ZfS mit weitreichenden – eher aus dem Bereich der Strafverfolgung und Vermögensabschöpfung bekannten – Befugnissen ausgestattet.

So ist es der ZfS gestattet, zur Ermittlung von eingefrorenen Vermögenswerten und bei der Überwachung von Verfügungsbeschränkungen und Bereitstellungsverboten Auskünfte von natürlichen und juristischen Personen sowie die Vorlage von Unterlagen zu verlangen, § 2 Abs. 2 Nr. 1 SanktDG. Zuwiderhandlungen gegen die Auskunftspflicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SanktDG können mit einer Geldbuße von bis zu € 30.000 geahndet werden, § 17 SanktDG.

Der ZfS ist es ferner gestattet, natürliche Personen vorzuladen und zu vernehmen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person sachdienliche Angaben zur Ermittlung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen machen können, § 2 Abs.2 Nr. 2 SanktDG.

Als Auskunftsperson kommen zwar in erster Linie Personen bzw. Personengesellschaften in Betracht, die mit der sanktionierten Person eine Geschäftsbeziehung oder eine persönliche Beziehung aufweisen. Die Auskunftspflicht könnte aber auch den anwaltlichen bzw. den steuerlichen Berater der sanktionierten Person bzw. der sanktionierten Personengesellschaft treffen. Dass Auskünfte aufgrund der beruflichen Verschwiegenheitsverpflichtung nicht ohne weiteres erfolgen können/dürfen, liegt auf der Hand. Auskunftsverweigerungsrechte des Berufsgeheimnisträgers sucht man im Sanktionsdurchsetzungsgesetz aber vergeblich.

Gemäß § 2 Abs. 5 SanktDG kann die Auskunftsperson zwar die Auskunft auf solche Fragen oder die Vorlage von denjenigen Unterlagen verweigern, deren Beantwortung oder Vorlage sie selbst oder einen Angehörigen i.S.d. § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO in die Gefahr einer Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit versetzen würde. Ein Verweis auf das Auskunftsverweigerungsrecht von Berufsgeheimnisträgern nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO oder etwa nach § 53 StPO fehlt jedoch. Damit stellt sich aber die Frage, ob Berufsgeheimnisträger, die einer gesetzlichen Verschwiegenheitsverpflichtung unterliegen, als Auskunftspersonen herangezogen werden könnten, ohne dass Ihnen ein Auskunftsverweigerungsrecht zustünde.

Wenn dies so wäre, wäre es ein eklatanter Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit und eine Erschütterung des Vertrauens der Mandanten in die Zuverlässigkeit und Integrität der Mandatsbeziehung.

Vor allem auch mit Blick auf die weiteren Befugnisse der ZfS stellt sich die Frage des Umgangs mit Berufsgeheimnisträgern. Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben ist es der ZfS nämlich gestattet, Geschäftsräume und (unter bestimmten Voraussetzungen) auch Wohnräume zu betreten, § 2 Abs. 2 Nr. 4 SanktDG. Auf richterliche Anordnung oder bei Gefahr in Verzug ist es der ZfS dazu gestattet, Geschäfts- und Betriebsräumen sowie Wohnungen zu durchsuchen, § 2 Abs. 2 Nr. 5 SanktDG.

Zu Recht ist die Bundesrechtsanwaltskammer dem Referentenentwurf des SDG II mit Sorge entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass die Regelungen in § 2 SanktDG zu weitreichend seien und befürchtet werden müsse, dass die Verschwiegenheitspflicht von Rechtsanwälten als Berufsgeheimnisträger ausgehöhlt werden könnte. Auch sei es unklar, ob die Rechtsanwaltskammern als „andere öffentliche Stellen“ i.S.d. § 1 Abs. 3 SanktDG mit der ZfS zusammenzuarbeiten hätten. Dem klarstellenden Änderungsvorschlag der BRAK im Gesetzestext ist der Gesetzgeber jedenfalls nicht gefolgt.

Es ist daher weiterhin zu besorgen, dass Berufsgeheimnisträger bzw. die Berufskammern bei der Sanktionsdurchsetzung in die Pflicht genommen werden könnten. Ob die Befugnisse der ZfS tatsächlich soweit reichen, bleibt abzuwarten. Unternehmen und Berater, sollten aber genau prüfen, ob sie einen Bezug zu sanktionierten Personen bzw. Personengesellschaften haben könnten und sich ggf. auf die neue Bundesbehörde mit weitrechenden Befugnissen einstellen.