Nicht wenige strafrechtliche Ermittlungsverfahren enden mit einer Einstellung nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage. Dabei stellt sich regelmäßig die Frage, wie sich eine solche Zahlung steuerlich auswirkt. Ist sie als Betriebsausgabe abzugsfähig oder nicht?
Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob die Zahlung den Charakter einer strafähnlichen Sanktion oder den einer Schadenswiedergutmachung in sich trägt.
Das Finanzgericht Münster hat dazu entschieden, dass das Abzugsverbot des § 12 Nr. 4 EStG nicht eingreift, wenn die Schadenswiedergutmachungskomponente überwiegt.
I. Was war geschehen?
Die Klägerin war eine Personengesellschaft, die eine Biogasanlage betrieb. Dabei überschritt sie die genehmigte elektrische Leistung (330 kW) bzw. genehmigungsfähige elektrische Leistung (499 kW) und erzielte dadurch einen illegal erlangten Erlös (Einspeisevergütung über 499 kW) von ca. 170.000 €. Die beiden Gesellschafter wurden wegen des Verdachts des unerlaubten Betreibens einer nach Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlage gemäß § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB angeklagt. Die Staatsanwaltschaft bot an, einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO zuzustimmen, wenn das illegal Erlangte abgeschöpft werde (insgesamt ca. 170.000 €) und eine darüberhinausgehende Sanktionierung iHv. insgesamt 10.000 € erfolge.
In dem darauffolgenden Telefonat zwischen Gericht und Verteidigung wurde im Hinblick auf die in Aussicht gestellte Einstellung gegen Geldauflage ausgeführt, dass die festzusetzende Geldauflage iHv. insgesamt 170.000 € nur der Gewinnabschöpfung und damit einer Schadenswiedergutmachung iSd. § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO dienen solle. Die Staatsanwaltschaft sei zudem zwischenzeitlich bereit, auf den zunächst zusätzlich als Sanktion geforderten Betrag iHv. insgesamt 10.000 €, zu verzichten. Auf dieser Grundlage können sich eine auf jeden Angeklagten entfallende Geldauflage i. H. v. 90.000 € ergeben.
Die Gesellschafter stimmten der Einstellung gegen Zahlung einer Geldauflage iHv. jeweils 85.000 Euro über ihre Verteidiger mit folgendem Wortlaut („in Höhe einer Geldauflage von 85.000 Euro (=50% des von den Stadtwerken ausgerechneten Umsatzbetrags“) zu. Das Landgericht stellte das Verfahren nach § 153a Abs. 2, 1 StPO ein, ohne konkret darauf einzugehen, ob die Zahlung eine strafähnliche Sanktion oder eine Schadenswiedergutmachung war.
Die Gesellschafter wollten die Zahlung als Betriebsausgabe absetzen, das Finanzamt lehnte das mit der Begründung ab, es handle sich bei dem nach § 153a StPO auferlegten Betrag um eine nicht abzugsfähige Geldbuße. Im sich anschließenden Einspruchsverfahren wurde der Beschluss des Strafgerichts auf Antrag der Klägerin dahingehend ergänzt, dass sich die Höhe der Geldauflage von insgesamt 170.000 Euro an dem illegal erlangten Erlös orientierte, der mit 170.000 Euro errechnet worden war und allein der Gewinnabschöpfung diene. Die Beklagte wies die Einsprüche dennoch zurück.
II. FG Münster (FG Münster vom 18.12.2023, 4 K 1382/20 G,F,): Abzugsverbot nach § 12 Nr. 4 EStG greift nicht
Die Klägerin legte dagegen Klage ein. Das Finanzgericht Münster gab den Gesellschaftern im konkreten Fall recht. Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände ordnete es die Zahlung als Schadenswiedergutmachung ein, welche nicht dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 4 EStG unterlag.
Es orientierte sich dabei an der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH vom 15.01.2009 VI R 37/06, BFHE 224, 140) der zufolge es auf den Inhalt des Einstellungsbeschlusses und die objektiven Umstände des Einzelfalls ankommt. Maßgeblich ist, ob mit der Geldauflage eine Wertung verbunden ist, die den Täter persönlich treffen soll und dessen Wirkungen er persönlich tragen müsse. Dieser Sanktionszweck dürfe nicht durch steuerliche Vorschriften vereitelt oder gemildert werden.
Der Wortlaut des landgerichtlichen Beschlusses (in der klarstellenden Fassung) lasse in der Zahlung keine persönliche Sanktionierung der Angeklagten erkennen, sondern eine Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands. Das Finanzgericht wies darauf hin, dass der Beschluss keinen Bezug zu den persönlichen Lebensverhältnissen der Angeklagten nahm, sondern nur die Abschöpfung des illegalen Gewinns bezweckte. Zudem habe die Staatsanwaltschaft auf die zusätzliche Zahlung, die nicht im Zusammenhang mit dem illegal erzielten Gewinn stand, verzichtet. Ein Strafcharakter sei damit nicht mehr erkennbar.
III. Beraterhinweis
Das Urteil zeigt, dass es bei der steuerlichen Behandlung von Geldauflagen auf die Einordnung als strafähnliche Sanktion oder Schadenswiedergutmachung ankommt. Diese Einordnung ist nicht immer eindeutig und kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Aus Beratersicht sollte zur Sicherung der steuerlichen Abzugsfähigkeit möglichst auf klare und eindeutige Formulierungen geachtet werden – sowohl bei eigenen Niederschriften als auch denen von Staatsanwaltschaft und Gericht. Es sollte unmissverständlich festgehalten werden, dass es sich um eine Schadenswiedergutmachung iSd. § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO handelt und keine persönliche Ahndung des Angeklagten.
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Steuerrecht