Tax Compliance: Reform der Betriebsprüfung und erweiterte Berichtigungspflicht ab 2025

Aktuelles

24.03.2025

Zum 1. Januar 2025 traten weitreichende Änderungen im steuerlichen Verfahrensrecht in Kraft, die insbesondere die Betriebsprüfung und die Berichtigungspflichten der Steuerpflichtigen betreffen. Grundlage der Reform ist das Gesetz zur Umsetzung der DAC-Richtlinie7 und zur Modernisierung des steuerlichen Verfahrensrechts. Die Neuerungen gelten für Steuern und Steuervergütungen, die ab dem 1. Januar 2025 entstanden sind bzw. entstehen, sowie für Fälle, in denen nach diesem Stichtag eine Prüfungsanordnung ergeht.

Ziel der Reform ist es, Betriebsprüfungen effizienter und schneller durchzuführen. Die Reform resultiert in einer Ausweitung der Mitwirkungs-, Vorlage- und Berichtigungspflichten der Steuerpflichtigen.

I. Reform der Betriebsprüfung

1. Modifikation der Festsetzungsverjährung und beschleunigte Prüfungsanordnung

Eine zentrale Änderung betrifft die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist während einer laufenden Betriebsprüfung. Bisher endete die Ablaufhemmung erst mit dem Abschluss der Betriebsprüfung. Nach der Neuregelung endet sie spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekannt gegeben worden ist (§ 171 Abs. 4 Satz 3 AO n.F.).
Gleichzeitig soll die Finanzverwaltung Betriebsprüfungen zeitnäher anordnen. Nach § 197 Abs. 5 Satz 1 AO n.F. soll eine Betriebsprüfung bei beratenen Steuerpflichtigen künftig spätestens bis zum Ablauf des auf die Bestandskraft der Steuerfestsetzung folgenden Jahres angeordnet werden. Versäumt die Finanzbehörde diese Frist, beginnt die fünfjährige Ablaufhemmung dennoch in dem Zeitpunkt, in dem die Prüfungsanordnung hätte ergehen müssen.

2. Erweiterte Mitwirkungs- und Vorlagepflichten

Mit § 200a AO n.F. wird ein neues qualifiziertes Mitwirkungserfordernis eingeführt. Sechs Monate nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung kann die Finanzbehörde den Steuerpflichtigen auffordern, innerhalb eines Monats mitzuwirken. Wird die Frist nicht eingehalten, droht ein Verzögerungsgeld in Höhe von 75 Euro pro Tag. Bei wirtschaftlich leistungsfähigen oder wiederholt unkooperativen Steuerpflichtigen kann darüber hinaus ein Zuschlag von bis zu 25.000 Euro pro Tag – für maximal 150 Tage – erhoben werden.

Auch die Vorlagepflichten sind verschärft worden. So muss die Verrechnungspreisdokumentation künftig auf Verlangen jederzeit und bei einer Prüfungsanordnung innerhalb von nur 30 Tagen unaufgefordert vorgelegt werden (§ 90 Abs. 4 AO n.F.). Verspätungen können zu erheblichen Zuschlägen nach § 162 AO führen.

3. Planungssicherheit durch Teilschlussbescheid und verbindliche Zusage

Neu eingeführt wurde die Möglichkeit, einen Teilabschlussbescheid zu beantragen, wenn der Steuerpflichtige ein erhebliches Interesse glaubhaft macht. Dabei können einzelne, abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt werden. Ein Einspruch gegen einen solchen Bescheid ermöglicht eine schnellere Klärung strittiger Fragen im Rechtsbehelfsverfahren. Ergänzend regelt § 204 Abs. 2 AO n.F., dass nach einem Teilabhilfebescheid eine verbindliche Zusage für zukünftige Sachverhalte erteilt werden kann. Unternehmen können so frühzeitig steuerliche Rechtssicherheit erlangen.

4. Rahmenbedingungen für den Prüfungsablauf

Um Betriebsprüfungen effizienter zu gestalten, sieht § 199 Abs. 2 S. 2 ff. AO n.F. vor, dass Steuerpflichtige und Finanzbehörden den Prüfungsablauf durch regelmäßige Besprechungen und Prüfungspläne strukturieren können. Dazu gehören beispielsweise Fristen für die Beantwortung von Anfragen. Hält sich der Steuerpflichtige an diese Vereinbarungen, darf die Finanzverwaltung kein qualifiziertes Mitwirkungsersuchen aussprechen oder ein Verzögerungsgeld verhängen.

II. Ausweitung der Berichtigungspflicht nach § 153 AO

Die Berichtigungspflicht nach § 153 AO wurde durch den neuen Absatz 4 erheblich erweitert. Steuerpflichtige müssen Steuererklärungen nicht mehr nur dann berichtigen, wenn sie selbst Fehler entdecken. Vielmehr besteht eine Berichtigungspflicht, wenn Prüfungsfeststellungen aus einer Betriebsprüfung in einem bestandskräftigen Steuerbescheid umgesetzt worden sind und der zugrunde liegende Sachverhalt Auswirkungen auf andere Steuererklärungen hat, die nicht Gegenstand der Prüfung waren.

Wichtig ist, dass die Berichtigungspflicht auch dann gilt, wenn der Steuerpflichtige eine abweichende Rechtsauffassung vertritt. Dabei ist noch nicht geklärt, ob sie Dauersachverhalte oder auch für vergleichbare Sachverhalte gilt. Unternehmen sollten daher die Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 4 AO n.F. bei Verständigungen mit der Finanzverwaltung berücksichtigen.

Ein Verstoß gegen die Berichtigungspflicht kann schwerwiegende steuerstrafrechtliche Folgen haben:
– Wird eine erforderliche Berichtigung unterlassen, kann dies als Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) strafbar sein.
– Verstöße gegen die Ermittlungspflicht nach § 153 Abs. 4 AO n.F., die zu Steuerverkürzungen oder nicht gerechtfertigten Steuervorteilen führen, können als leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) geahndet werden. In bestimmten Fällen kann noch eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO möglich sein.

Beraterhinweis

Die o.g. Änderungen bringen für Steuerpflichtige erhebliche zusätzliche Pflichten und Risiken mit sich. Durch proaktive Maßnahmen können die Risiken minimiert werden. Unternehmen sollten daher
1. Betriebsprüfungsberichte und daraus resultierende Änderungsbescheide systematisch auswerten, um Berichtigungspflichten frühzeitig zu erkennen.
2. gegen Änderungsbescheide frühzeitig Einspruch einlegen, wenn eine abweichende (Rechts)auffassung besteht.
3. die TCMS-Prozesse an die neuen Anforderungen (zB. Fristen, Verrechnungspreisdokumentation) anpassen.

Um schnelle steuerliche Rechtssicherheit zu erlangen, kann es sich lohnen, zu prüfen, ob Teilschlussbescheide und verbindliche Zusagen sinnvoll sein können.