Massive Ausweitung des Geldwäschetatbestandes – abgestimmter Gesetzesentwurf zur Beschlussfassung im Bundestag

Aktuelles

27.11.2020

Nach dem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (im Folgenden: BMJV) zur Reformierung des Geldwäschetatbestandes nach § 261 StGB vom 11.08.2020, folgte der Gesetzesentwurf der Bundesregierung am 14.10.2020, der im Wesentlichen nur redaktionelle Änderungen vorsah. Mit einer Ausnahme: Die ohne jegliche Begründung im Referentenentwurf noch vorgesehene Streichung des § 261 Abs. 9 StGB (Selbstanzeigemöglichkeit) wurde nicht übernommen, da die Bundesregierung die Möglichkeit der Selbstanzeige bei einer massiven Ausweitung des Geldwäschetatbestandes mehr denn je für notwendig hält.

Nichtsdestotrotz bleibt es aber dabei, dass auch der Gesetzesentwurf mit der Neufassung des Straftatbestandes weit über die Mindestvorgaben der EU-Richtlinie 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 (ABl. L 284 vom 12.11.2018, S. 22) hinausgeht. Das BMJV hat die massive Ausweitung des Geldwäschetatbestandes bereits mit Veröffentlichung des Referentenentwurfs im August diesen Jahres als „Paradigmenwechsel“ angepriesen und begründet deren Notwendigkeit mit der hohen wirtschaftlichen Attraktivität, der hohen Bargeldintensität des Wirtschaftskreislaufs sowie der ökonomischen Vielschichtigkeit von Geldwäschetaten, die schon seit Langem über die Grenzen der organisierten Kriminalität und Terrorismusfinanzierung ihren Weg in alle Bereiche des Strafrechts gefunden hätten.

Am 09.11.2020 wurde nun der abgestimmte Gesetzesentwurf (Bundestagsdrucksache19/24180) zur Herbeiführung der Beschlussfassung im Bundestag veröffentlicht.

Die wesentlichen Änderungen/Neufassungen sind:

1. Wegfall des Vortatenkataloges

Zukünftig kann jede Straftat Vortat der Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 und 2 StGB-E sein.

Nach dem Gesetzesentwurf soll derjenige strafbar sein, der einen Tatertrag, ein Tatprodukt oder ein an dessen Stelle getretenen anderen Vermögensgegenstand

a) verbirgt,

b) in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,

c) sich oder einem Dritten verschafft oder

d) verwahrt oder

e) für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat.

Nach § 261 Abs. 2 StGB-E soll zudem bestraft werden, wer Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Vermögensgegenstands nach Absatz 1 von Bedeutung sein können, verheimlicht oder verschleiert.

Darüber hinaus sieht der Gesetzesentwurf unter bestimmten Voraussetzungen auch Auslandstaten als taugliche Vortaten der Geldwäsche an, § 261 Abs. 9 StGB-E an, was zu einer zusätzlichen Ausweitung des Geldwäschetatbestandes führt.

2. (Doch) Kein Wegfall der leichtfertigen Geldwäsche

Um – nach Auffassung des BMJV – aber eine „nahezu uferlose Ausweitung“ (Referentenentwurf, S. 19) der Geldwäschestrafbarkeit zu vermeiden, war die Strafbarkeit bei leichtfertiger Tatbegehung nach § 261 Abs. 5 StGB sowohl im Referentenentwurf vom 11.08.2020 als auch im ersten Gesetzesentwurf vom 14.10.2020 nicht mehr vorgesehen.

Dies war mit Blick auf die massive Ausweitung des Geldwäschetatbestandes durch Wegfall des selektiven Vortatenkataloges auch konsequent. Umso erstaunter muss man nun zur Kenntnis nehmen, dass die leichtfertige Tatbegehung nach § 261 Abs. 6 StGB-E strafbewehrt bleiben soll. Zur Begründung wird die von in Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie eingeräumten Ermessensausübung und der Verweis auf die bereits bekannte Gesetzesbegründung zum Leichtfertigkeitstatbestand nach Bundestagsdrucksache 12/989, S. 27 angeführt.

3. Wegfall der Mindeststrafe und erhöhte Strafandrohung für Verpflichtete im Sinne des GwG

Zwar wäre der Wegfall der bisher noch vorgesehenen Mindeststrafe von 3 Monaten zu begrüßen, allerdings sieht der Gesetzesentwurf vom 09.11.2020 auch eine Strafschärfung für Täter, die zugleich Verpflichtete gem. § 2 GwG sind mit einer Strafandrohung von Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren vor.

5. Erweiterung der Möglichkeit zur Telekommunikationsüberwachung u.a., §§ 100a, b und g StPO

Der Wegfall der Beschränkung der Geldwäsche auf bestimmte Vortaten, erweitert auch die Möglichkeit der Ermittlungsbehörden für Telekommunikationsüberwachungen u.a. Zwangsmaßnahmen. Um hier dennoch eine Eingrenzung zu schaffen, sieht der Gesetzesentwurf eine Legitimation nur bei „bestimmten schwerwiegenden“ Verdachtsfällen der Geldwäsche vor (Gesetzesentwurf, S. 37 f.). 

Die Strafverteidiger werden sich auf die Schwemme von neuen Geldwäscheverfahren einzustellen haben, sollte der Gesetzesentwurf in der jetzigen Form umgesetzt werden. Insbesondere die durch den Wegfall des Vortatenkataloges erstrebte Beweiserleichterung für die Ermittlungsbehörden bedarf der besonderen Aufmerksamkeit, gleichwohl schon das BMJV die Notwendigkeit der gesicherten richterlichen Überzeugung hinsichtlich der inkriminierten Herkunft des Tatgegenstandes im Referentenentwurf hervorgehoben hat. Viel gravierender werden darüber hinaus aber die sich bereits jetzt aufdrängenden Abgrenzungsfragen sein, sollte die leichtfertige Tatbegehung tatsächlich strafbewehrt bleiben.